Karl Hörmann, Lexikon der christlichen Moral,  LChM 1969, Sp. 114-122

 

 

Für die Heiligen im Himmel eine Vermehrung ihrer wesentlichen Seligkeit zu erbitten, hat keinen Sinn, da sie diese unveränderlich haben. "Ein Unrecht tut dem Martyrer an, wer für den Märtyrer betet, dessen Gebeten wir uns empfehlen müssen" (Augustinus, Sermo 159, PL 38,868). Sinnvollerweise kann sich das Beten für die Heiligen nur auf Dinge erstrecken, die außerhalb ihrer wesentlichen Seligkeit liegen, z. B. auf die Ausbreitung ihrer Verehrung, auf Selig- oder Heiligsprechung.

Dass wir die Seligen am Reinigungsort durch unser Bittgebet und besonders durch das Messopfer unterstützen können und sollen, lehrt die Kirche (D 856 1304 1743 1753 1820 1867 [464 693 940 950 983 998]; 2. Vat. Konz., Lumen gentium 50; Gaudium et spes 18). In den Makkabäerkämpfen fanden die Leute des Judas bei gefallenen Glaubensgenossen heidnische Amulette und faßten ihren Tod als Strafe dafür auf. "Dann wandten sie sich zum Gebet und flehten, die begangene Sünde möchte völlige Vergebung finden" (2 Makk 12,42). Judas sammelte 2000 Drachmen und schickte sie nach Jerusalem, damit dort Sühnopfer dargebracht würden. "Wenn er nämlich nicht an die Auferstehung der Gefallenen geglaubt hätte, wäre es überflüssig und lächerlich gewesen, für Tote zu beten. Auch bedachte er, daß jenen, die fromm entschlafen sind, ein ganz herrlicher Lohn aufbewahrt ist, ein heiliger und frommer Gedanke. Deshalb veranstaltete er das Sühnopfer für die Verstorbene, um sie von ihrer Sünde zu erlösen" (2 Makk 12,44 f).

 

In der Liturgie haben die katholische und die getrennten Ostkirchen allezeit ebenso gehandelt. Augustinus betet für seine verstorbene Mutter wegen ihrer Sünden (Conf. IX 13,35, PL 32,778). - Das Gebet für die Verstorbenen darf und soll sich auf die Seelen am Reinigungsort nicht nur in ihrer Gesamtheit, sondern auch auf einzelne erstrecken, besonders auf jene, mit denen der Beter durch nähere Bande geeint ist.

Für Dämonen oder Verdammte zu beten hat keinen Sinn, da sie infolge ihrer verhärteten Ablehnung für alle Gaben Gottes unempfänglich sind.

 

 

 

 

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